Interview

Die Leistung der Wasserkraft nimmt ab

Dr. Petteri Taalas, Generalsekretär der WMO und Redner an der SmartSuisse 2023, über die globale Erwärmung und die Auswirkungen auf die erneuerbaren Energiequellen.

Die World Meteorological Organisation, kurz WMO, ist eine Unterorganisation der WHO mit Sitz in Genf. Sie bietet vor allem meteorologische Dienste an, koordiniert und fördert die weltweite Zusammenarbeit bei der Einrichtung und Vernetzung von meteorologischen, hydrologischen und geophysikalischen Beobachtungsstationen. Die WMO finanziert sich aus den freiwilligen Beiträgen der 193 Mitgliedsländer und aus privaten Spenden. Die WMO hat den Weltklimarat (IPCC) mitinitiiert und erforscht intensiv die Parameter und Folgen des globalen Klimawandels.

Prof. Dr. Petteri Taalas ist seit 2016 Generalsekretär der Organisation und wird am 29. März an der SmartSuisse sprechen.

 

Professor Taalas, Sie waren einer der Teilnehmenden der COP27 – mit welcher Agenda sind Sie dorthin gereist?

Die WMO hatte zwei wichtige Initiativen für die COP dabei. Erstens: Frühwarndienste (EWS) für alle. Derzeit verfügen nur 50 Prozent der 193 WMO-Mitglieder über angemessene Frühwarnsysteme, besonders in Afrika und den Inselstaaten gibt es grosse Lücken bei den grundlegenden Wetterbeobachtungssystemen. Die WMO hat zusammen mit den Vereinten Nationen und Finanzierungspartnern ein 3,1-Milliarden-Dollar-Programm für 2023-27 aufgelegt, um eine 100-prozentige Abdeckung zu erreichen.

Zweitens: neue Wege zur Überwachung der Zyklen von CO2, CH4 und NO2 unter Verwendung von bodengestützten, satellitengestützten und modellierten Daten. So können wir das Verhalten (Quellen und Senken) dieser Gase verfolgen.

 

Hat die COP27-Konferenz Ihre Erwartungen erfüllt? Welches sind die wichtigsten Ergebnisse aus Ihrer Sicht?

Wir haben grosse Unterstützung für beide Initiativen erhalten und werden bald mit der Umsetzung beginnen. Die COP27 war vor allem eine Anpassungskonferenz, und unser EWS-Programm war eines der wichtigsten Ergebnisse.

 

Was bedeutet der Klimawandel für die künftige Verfügbarkeit erneuerbarer Energiequellen, also Sonne, Wind und Wasser?

Die wichtigste negative Veränderung wird die Verringerung der Wasserkraftkapazität aufgrund des Abschmelzens der Gletscher und der Veränderung der Niederschlagsmuster sein. Es gibt einige Veränderungen bei den lokalen Windverhältnissen – stagnierende Hochdrucksysteme werden die Produktionskapazität gelegentlich verringern, aber Tiefdrucksysteme werden eine gegenteilige Wirkung haben. Die Erwärmung des Klimas und der Gewässer wird die für nukleare und fossile Kraftwerke erforderliche Kühlung in Frage stellen.

 

Klimaschutz wird oft als Einschränkung empfunden – wie können die Massnahmen gegen den Klimawandel positiv kommuniziert werden?

Generell sind für einen erfolgreichen Klimaschutz kleine Veränderungen in unserem Alltag notwendig. Das betrifft zum Beispiel die Energieerzeugung, den Verkehr, die Industrie und die Ernährung. Viele davon haben gesundheitliche Auswirkungen (weniger fleischhaltige Ernährung, Elektrofahrräder statt Autos) oder sind wirtschaftlich attraktiv (Kühlen/Wärmen von Häusern mit Wärmepumpen und besserer Dämmung, Elektroautos anstelle fossil betriebener Fahrzeuge). In den Medien werden die für eine erfolgreiche Eindämmung erforderlichen Mittel oft übertrieben.

 

Sie haben ermittelt, dass die Erwärmung in Europa viel schneller voranschreitet als im globalen Vergleich. Warum ist das so?

Die Kontinente waren mit einer Erwärmung und einem Klimawandel konfrontiert, der 1,5-mal so stark war wie der globale Durchschnitt. Zwei Regionen haben weltweit die grössten Veränderungen erfahren: Die Arktis und der Mittelmeerraum. In Europa sind beide Auswirkungen in Form von höheren Temperaturen und Dürre vor allem im Mittelmeerraum zu beobachten.

 

Und welche Szenarien ergeben sich daraus?

Diese Veränderungen werden sich bis zum Jahr 2060 weiter verstärken – unabhängig davon, ob es uns gelingt, den Klimawandel abzumildern. Wenn dies gelingt, wird der negative Trend gestoppt. Aufgrund der bereits hohen CO2-Konzentration setzt sich das Abschmelzen der Gletscher und der Anstieg des Meeresspiegels in den kommenden Jahrhunderten fort. Das wird die Verfügbarkeit von Wasser für mehrere Flüsse weltweit bedrohen und für viele Küstenstädte und -staaten ein Problem darstellen.

  

Über

Dr. Petteri Taalas promovierte 1993 in Meteorologie an der Universität Helsinki und absolvierte ein Managementstudium an der Helsinki School of Economics (HKKK). Von 2002 bis 2005 und 2007 bis 2015 leitete er das Meteorologische Institut Finnlands. Taalas ist seit 2008 Mitglied des WMO-Exekutivrats und seit 2016 Generalsekretär der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) in Genf.

www.wmo.int

 

 

Fotonachweis: WMO

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